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03/2015

Private E-Mail und Internet am Arbeitsplatz

Ausgangslage

Die private Nutzung von Internet und E-Mail durch Arbeitnehmer kann wie folgt geregelt sein:Regelung(en) zur rein dienstlichen/betrieblichen Nutzung (Verbot privater Nutzung)

Regelung(en) zur privaten und dienstlichen/betrieblichen Nutzung

nicht geregelte Nutzung

Es ist leider immer noch der Regelfall, dass die Nutzung von Internet und E-Mail durch Arbeitnehmer in Unternehmen ungeregelt ist. Gesonderte Vereinbarungen über die Nutzung von E-Mail und Internet finden nur vereinzelt Eingang in das Arbeitsverhältnis.

Die private Nutzung von Internet und E-Mail wird schlicht geduldet. Erst wenn es zur übermäßigen oder sonst missbräuchlichen Nutzung kommt stellt sich für den Arbeitgeber die Frage, wie dies arbeitsrechtlich zu bewerten ist und welche Rechte sich daraus ergeben.

Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten

Selbst wenn der Arbeitgeber die Nutzung des Internet oder das Versenden und Empfangen privater E-Mails während der Arbeitszeit duldet, darf dies nicht dazu führen, dass der Arbeitnehmer seinen Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag nicht mehr nachkommt. Führt die Nutzung von Internet und privater E-Mail dazu, dass der Arbeitnehmer seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung ganz oder teilweise nicht mehr erbringt, verletzt er seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag. Dies kann Konsequenzen bis hin zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses haben.

Das Bundesarbeitsgericht hat als Pflichtverletzungen bei privater Nutzung des Internet insbesondere festgestellt:

- das Herunterladen einer erheblichen Menge von Daten aus dem Internet auf betriebliche Datensysteme ("unbefugter download"), insbesondere wenn damit einerseits die Gefahr möglicher Vireninfizierungen oder anderer Störungen des - betrieblichen - Betriebssystems verbunden sein können oder andererseits von solchen Daten, bei deren Rückverfolgung es zu möglichen Rufschädigungen des Arbeitgebers kommen kann, beispielsweise weil strafbare oder pornografische Darstellungen heruntergeladen werden

- die private Nutzung des vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Internets während der Arbeitszeit, weil der Arbeitnehmer während des Surfens im Internet zu privaten Zwecken seine arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht erbringt und dadurch seine Arbeitspflicht verletzt

(zitiert nach BAG, Urteil vom 07.07.2005, 2 AZR 581/04)

Abmahnung und Kündigung

Der Arbeitgeber kann in der Konsequenz bei Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten durch den Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis fristlos kündigen. Einer Abmahnung bedarf es in solchen Fällen dann nicht, wenn dem Arbeitnehmer klar sein muss, dass er mit der exzessiven Nutzung des Internet während der Arbeitszeit seine arbeitsvertraglichen Haupt- und Nebenpflichten erheblich verletzt.

Einer Abmahnung bedarf es erst dann, wenn der Arbeitnehmer aus nachvollziehbaren Gründen damit rechnen konnte, dass sein Verhalten nicht vertragswidrig ist oder vom Arbeitgeber nicht als erhebliches Fehlverhalten angesehen wird (vgl. BAG, Urteil vom 7. Juli 2005,2 AZR 581/04).

Kündigung und Interessenabwägung

Im Rahmen der Interessenabwägung bei Ausspruch der Kündigung wegen der privaten Nutzung von Internet und E-Mail spielt es für die Berechtigung der Kündigung insbesondere eine Rolle, welche Tätigkeiten der Arbeitnehmer vernachlässigt hat (z. B. Aufsichtspflichten), von welchem Interesse dies für den Arbeitsablauf ist (z. B. Vernachlässigung von Kontrollpflichten) und welche besonderen Folgen die Nutzung durch den Arbeitnehmer hat (z. B. bei Herunterladen pornographischen Materials oder Virenbefall). Auch kann von Belang sein, welche Vergütung der Arbeitnehmer für seine Tätigkeit erlangt (je höher die Vergütung, desto geringer ist die Toleranz bei der privaten Nutzung) und über welchen Zeitraum und mit welcher Dauer die private Nutzung erfolgt ist (vgl. LAG Niedersachsen, Urteil vom 31. Mai 2010, 12 Sa 875/09).

Kontrolle des Arbeitnehmers

Problematisch ist, wie der Arbeitgeber Feststellungen über die exzessive Nutzung von Internet oder E-Mail treffen und ggfs. dokumentieren kann.

Die Möglichkeit der privaten Nutzung von Internet und E-Mail macht den Arbeitgeber wohl noch nicht zu einem Dienstanbieter im Sinne des § 88 II TKG (vgl. LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Februar 2011, 4 Sa 2132/10; LAG Niedersachsen, Urteil vom 31. Mai 2010, 12 Sa 875/09). Dies bedeutet, dass der Zugriff des Arbeitgebers auf gespeicherte Daten (hier: Internetverläufe und gespeicherte e-Mails) nicht den rechtlichen Beschränkungen des Fernmeldegeheimnisses unterliegt, was aber nicht bedeutet, dass der Arbeitgeber jederzeit ungehinderten Zugriff auf derartige Daten hat.

Abzuwägen und zu berücksichtigen sind bei der Auswertung solcher Daten das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung mit den Interessen des Arbeitgebers. Insoweit ist eine Güterabwägung zwischen den Interessen vorzunehmen, was im jeden konkreten Fall eine Einzelfallprüfung erfordert.

Auf keinen Fall darf der Arbeitgeber eine laufende Kontrolle oder Speicherung der Daten des Arbeitnehmers vornehmen oder gestatten.

Verwertung der Daten im Arbeitsgerichtsprozess

Grundsätzlich gehen die Arbeitsgerichte davon aus, dass ein Verwendungs-und Verwertungsverbot nicht besteht (LAG Niedersachsen, Urteil vom 31. Mai 2010, 12 Sa 875/09, LAG Hamm, Urteil vom 10. Juli 2012,14 Sa1711/10, n. r. 1)). Ein solches widerspräche den Grundprinzipien des Zivilprozesses und des Arbeitsgerichtsverfahrens (vgl. BAG, Urteil vom 13. 12.2007,2 AZR 537/07). Vorsicht ist trotzdem bei der Verwendung von Daten (Internetprotokolle und E-Mail Verkehr) im Arbeitsgerichtsprozess geboten. Es können Verstöße gegen § 206 StGB, § 88 TKG sowie § 32 BDSG und § 87 Abs. 1 Nr. 1 und 6 BetrVG vorliegen. Vor Verwendung solcher Daten sollte in jedem Fall ein spezialisierter Fachanwalt zu Rate gezogen werden.

1) (Hinweis: die Entscheidung des LAG Hamm ist nicht rechtskräftig das Verfahren ist derzeit beim BAG anhängig)




Praxistipp:

Es empfiehlt sich, für die Erhebung von Daten und die private Nutzung von Internet und E-Mail Regelungen aufzustellen. Besteht ein Betriebsrat, kann dies im Rahmen einer Betriebsvereinbarung geschehen, andernfalls als Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber in Ergänzung zum Arbeitsvertrag oder bei Abschluss desselben. Auch wenn die private Nutzung grundsätzlich untersagt werden soll, bedarf es hierzu einer ausdrücklichen Vereinbarung. In jedem Fall empfiehlt es sich, einen spezialisierten Fachanwalt hinzuzuziehen.



Muster: Ergänzung Arbeitsvertrag:

Vereinbarung über Internet- und eMail-Nutzung am Arbeitsplatz

…te Ergänzung zum Arbeitsvertrag vom ... .
In Ergänzung des Arbeitsvertrages vom … wird vereinbart, was folgt:

1. Nutzung des Internet
Der Internetzugang am Arbeitsplatz darf ausschließlich zu dienstlichen Zwecken genutzt werden. Die private Nutzung ist grundsätzlich untersagt.

2. Nutzung von E-Mail
Personenbezogene oder allgemeine E-Mail-Adressen des Arbeitgebers dürfen ausschließlich zu dienstlichen Zwecken genutzt werden. Eine private Nutzung ist grundsätzlich untersagt.



3. Umgang mit Zugangsdaten und Passworten
…..

4. Informationspflichten
…..

5. Kontrolle des E-Mail Accounts/Einverständniserklärung




Ort, Datum
___________________________ ________________________
Arbeitgeber Arbeitnehmer





Dresden, im August 2015


Der vorstehende Artikel wurde mit der größtmöglichen Sorgfalt erstellt. Für die Vollständigkeit und Aktualität der Angaben können wir jedoch keine Gewähr übernehmen. Diese Information ersetzt nicht die Beratung im Einzelfall durch den spezialisierten Fachanwalt.

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